27. Oktober 2012

Spiegel im Darm?!

Ich hatte gestern keinen Spiegel im Dickdarm, um es gleich vorweg zu nehmen. Aber eine Kamera tat es auch. Sie sollte herausfinden, warum ich im linken Oberbauch seit ca. einem halben Jahr manchmal so ein Zwicken bzw. Druckgefühl spüre. Es ist schon irritierend, nervend, störend.

In dem Brief an mich las ich den Befund des sich wie ein hartgesottener Mann gebenden Arztes: "keine Haemorrhiden, Fisteln, Fissuren, Marisken, Divertikel, Polypen, kein Neoplasma ...". Das klang eher nach der Zusammensetzung eines Blumenstraußes als den möglichen Schlaglöchern einer Verdauungsstraße. So nebenbei erfuhr ich, dass das Gerät sogar "bis in das Coecum und das terminale Ileum" eingeführt wurde. Zu deusch: in den Blinddarm und die letzten 20 cm des Dünndarms. Ich fand die Nachricht toll, denn anscheinend war ich in den Genuss eines Bonus gekommen. Mehr geht nicht!

"Machoartiger Arzt"?! Nun, er war fand die Botschaft während des Vorbereitungsgesprächs gar nicht gut, dass ich meine drei bisherigen Magenspiegelungen im Krankenhaus Neustadt statt bei ihm in der Praxis machen lassen hatte. Und auch noch unter Kurznarkose. "Bei mir gibt es eine Beruhigungsspritze wie gleich auch, das muss reichen". Er belächelte mich spürbar als Weichei. Aber ich wollte nicht protestieren, nicht dass er noch auf die Idee kommen würde, die Spritze gleich ganz wegzulassen.

Als ich vor der rektalen Untersuchung noch allein im Zimmer lag und auf diesen Darm-Spanner wartete, sah ich rechterhand an der Kachelwand zwei Katzenbilder. Gab es mir Gelegenheit, als Katzenbesitzer einen guten Smalltalk mit meinem unbekannten Arzt zu führen?! Da es durchaus die Katzen der Krankenschwestern sein konnten, verwarf ich die Idee wieder. Und linkerhand las ich an einer Rolltafel den hübschen, ja, wohlklingenden Begriff "Analkanal". Ich überlegte, warum in dem Wörtchen "Kanal" das "Anal" noch mal drinsteckte, aber kam auf keine sinnvolle Erklärung. Höchstens "Auch ein Kanal hat einen Eingang". Die Gedankenspiele beruhigten mich immerhin einigermaßen.

Von der Schlauchgeschichte selbst bekam ich kaum etwas mit. Ich erinnere mich dunkel daran, am Anfang 2-3 Mal etwas aufgestöhnt zu haben. Da mein Gehirn abgedämpft war, schienen mich die leichten Schmerzen nicht zu stören. Und mittendrin muss ich auch mehrmals gefurzt haben, es gibt da Erinnerungsfetzen. Immerhin muss die Luft, die in den Darm geblasen wird, um dem Koloskop den Weg zu ebnen, irgendwo hin. Ich muss sogar eingeschlafen sein, denn ich erwachte, bequem auf der Seite liegend und beschwerdefrei, allein in einem Nachbarraum. Ich war der letzte Freitagspatient.


Die Darmsäuberung am Vortag selbst war ein größeres Spektakel! Ab 13 Uhr durfte ich das Abführmittel in Raten zu mir nehmen, also 1 Liter innerhalb von 2 Stunden. "Movoprep" brauchte über eine Stunde, um mich erstmals zur Toilette zu bewegen. Die farblose Flüssigkeit schmeckte zwar nach Zitrone, aber das tat der echt bitteren Note keinen Abbruch. Ich hatte gerade einen guten Freund zu Besuch und wir hatten uns viel zu erzählen, aber mein Hin- und Hergerenne aller 5-10 Minuten störte uns beide weiter nicht. Er konnte aufgrund von Zeitmangel nur an diesem Nachmittag mal vorbeikommen.

Der Dünnpfiff klang eher wie Pinkeln. Am späten Abend floss aus meinem Anus nur noch Wasser, dabei leider nicht immer kontrolliert. Da ich weiß, wie es aussieht und wirkt, wenn eine Frau pullert, fühlte ich mich in die Situation einer Frau versetzt. Ich saß, ohne Hand an mein Pieselorgan anlegen zu müssen, auf dem Klobecken und das trübe Wasser suchte sich links- und rechtsdrehend seinen Weg nach unten. Es war nicht unangenehm, aber wenn es so schnell und in Massen herauskam, erschrak ich manchmal über den Verdacht, es könne warmes Blut sein, das ich verliere. Da half zum Glück ein Blick in die Tiefe und ich ward beruhigt.

Nun liegen Gastroskopie und Coloskopie also hinter mir. Da sie keinen Grund für mein "Bauchgrummeln" offenbarten, versuche ich nun, noch besser hinzuhören. Es könnte ja auch ein Ruf meiner Psyche sein. Mal sehen, ob und was die "Psychoskopie" ans Tageslicht bringen wird.


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