12. August 2013

Zwei Arten von Liebestod

Liebe & Tod - das sind gleich zwei Begriffe, die in meinem Blogtitel vorkommen. Da liegt es nahe, auch einmal deren Zusammentreffen zu würdigen.

Die Liebe stirbt oft in unseren Tagen. Sie endet z. B., sobald der bisher Liebende die Geliebte nicht mehr über deren potentiellen Konkurrentinnen erhebt und somit der Liebende der Geliebten aufgrund des zugeschriebenen Wertverlustes keine zentrale Stellung mehr in seinem Innenleben einzuräumen vermag. Oder umgekehrt. Wir spielen die Rolle des Todes, indem wir unsere Liebesbeziehung auflösen, wenn das Interesse verschwunden ist - und schaffen Platz für eine neue Liebschaft.

Die Verknüpfung von Liebe und Tod ist ein altes Thema, schützt doch der Tod die Reinheit einer jungen Liebe, die sich nicht outen muss als Zerfallsprodukt, wenn sie sich beim Ausleben den Liebesfallen in der Realität aussetzt. Andererseits beendet der Tod ungebeten eine intakte Liebe als innige Beziehung zwischen zwei zueinander ausgerichteten Menschen. Das ist weitaus tragischer. In romantischen Dramen wie beim Freitod des literarischen Paar Romeo & Julia, wo das gemeinsame Sterben als letzter Ausweg zelebriert wurde, wird die Unauslebbarkeit der Liebe aufgrund sozialer Zwänge problematisiert und der Tod beinahe verherrlicht als Hafen für die ewige, unzerstörbare Liebe. Als ob Liebe und Tod selbst ein Paar wären.

Das überraschende Ableben eines Partners schafft keine Trennung im herkömmlichen Sinne, bei der einer den anderen verlässt oder beide sich darauf einigen, getrennte Wege zu gehen, sondern bedeutet einen Abbruch der Bezugnahme ohne Grund, weil die Zuneigung beidseitig besteht und kein Ende gewünscht wird. Hier stoppt aus atheistischer Sicht der Tod die Liebe halbseitig: während der Hinterbliebene noch weiterliebt (ausliebt), ohne die andere Person und dessen Körper zur Verfügung zu haben, darf der Davongeschiedene nicht mehr teilhaben, seine Liebe ist ausgelöscht. Da endet die erfolgreiche Liebe nicht vor dem Tod, sondern durch den Tod. Der Tod eint hier nicht die Liebenden, er macht kurzen Prozess und schafft das, was Widrigkeiten der Zweierbeziehung nicht anhaben konnten: er scheidet etwas, das unbedingt gebunden bleiben wollte. Versinnlost der Tod nicht perspektivisch das Lieben, wenn am Ende der Verlust des Geliebten steht und die Liebe den eigenen Tod nicht überdauert?

Wenn ich abends neben meiner Freundin im Bett liege, frage ich mich, ob ich am nächsten Morgen noch zu ihr gehöre und wann der Tod unsere Bande zerreißt. Meine Liebe hasst den Tod mehr als die Möglichkeit eines Entliebens. Liebe und Tod gehören nicht zusammen.

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