16. Juli 2011

Tipp: Kratzen an der Oberfläche der Wirklichkeit

Es ist eine Neugier, die an Voyerismus angrenzt, aber keinen Genuss bedeutet: Wie sieht das Sterben aus? Die Gesunden bzw. Jungen können es nicht direkt erleben. Daher bleibt nur der Einblick über sekundäre Quellen, über Berichte von/über Betroffenen. Es ist jedem überlassen, sich diesem Thema des Abdankens vorzeitig zu widmen oder nicht. Für mich gehört das sich Bekanntmachen mit dem Ende zum Erwachsenwerden dazu.

Wer traut sich, die ernste Sterbe-Dokumentation "Letzte Saison - Wenn es Zeit ist zu sterben" anzuschauen?! Hier geht es um drei achtenswerte Menschen in unterschiedlichem Rentneralter, die auf ihre letzte große Reise gehen (müssen) und uns erlauben, sie dabei zu begleiten. Ihre Namen sind es wert, genannt zu werden: Gisela Zeller (65) mit Bauchspeicheldrüsenkrebs, Franz Rilling (96) mit Magenerkrankung und Rubert Gässler (87) mit Lungenentzündung plus Verdacht auf Prostatakrebs.

Es gab Momente im Film, in denen ich beinahe wegschaute, so intim, bitter und erfolglos erschien der Kampf gegen Gebrechlichkeit und Siechtum. Hängen geblieben sind bei mir jedoch starke Äußerungen dieser Menschen wie das kämpferische "noch mal ein Fitzelchen gesund werden" (Frau Zeller nach Diagnose), das lustvolle "Badesruhe statt Todesruhe" (Herr Rilling in der Badewanne liegend) und das philosophische "Gescheite Leute gehen alle mit 85, auch Adenauer" (Herr Gössler im Interview).

Sei gewarnt: Es ist eine eindringliche Konfrontation mit der letzten Realität! Wer von sich sagt "Ich will alles wissen", sollte sich diese 90 min Zeit nehmen und am Fenster zur Wirklichkeit kratzen. Was du erblickst, das nützt Dir.

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