12. August 2011

Ehe oder ehemals?

"Wir haben uns entschieden, unsere Ehe zu beenden", verkündete Jennifer Lopez gegenüber den Massenmedien und spielte auf ihre siebenjährige Ehe mit Marc Anthony an, aus der auch Kinder (Zwillinge) hervorgegangen sind. Ich fragte mich spontan, weshalb beide Erwachsenen die Ehe überhaupt erst eingegangen waren, wenn doch ein rationaler Akt ausreicht, um das Ende herbeizuführen.

Eine solche Gelegenheitsehe hat im Alltag oft eben nicht mehr ihren religiösen Charakter, wonach die Eheleute sich vor Gott untrennbar miteinander verbunden hatten - bis zum Tod (und darüber hinaus). Wussten sie nicht, dass die Statistik (hohe Scheidungsrate) von der Ehe abrät?! Ich fühlte mich erinnert an das Buch Das 11. Gebot oder Du sollst nicht heiraten. Ein Plädoyer gegen die eheliche Zwangsgemeinschaft von Benno Gebistorf. Er rät von der Eheschließung ab, weil die Ehe als eigentlich verpflichtende "unkündbare Dauerbindung" kein inhaltliches Konzept bzw. keinen konkreten Plan biete, historisch gesehen nicht notwendig sei, ein "Risiko der Persönlichkeitszerstörung" darstelle und
nicht selten zur "Verkümmerung eines oder beider Partner" führe.

Ehen tragen auch meiner Meinung nach die Gefahr des Scheiterns bereits in sich. Wir Individuen ändern uns mit der Zeit tiefgreifend und wer das nicht gemeinsam meistert, geht auseinander per einvernehmlicher Entscheidung (!) wie Frau Lopez. Das ist eine Binsenwahrheit. Hier gäbe es noch viel mehr zu referieren! Anscheinend kommt Scheidung von Ent-Scheidung und im Begriff "ehemals" steckt der Wortstamm "ehe" absichtlich drin. Das verleitet mich zu Wortspielen wie Ehe die Ehe geschieden werden kann, steht eine Ent-Scheidung gegen sie an oder Durch eine entschiedene Scheidung wird eine Ehe ehemalig.

In meinen Augen ist die moderne Ehe eher (!) ein romantischer, weltlicher Akt geworden. Viele Heiratswillige mögen dieses Dauerversprechen gern geben. Ich finde es gut, wenn man seine Verbindung wertschätzt und stolz öffentlich verkünden möchte. Nur angesichts schmerzhafter Treue- und Ehebrüche sollte hinter einem solchen löblichen Gelöbnis kein moralischer Druck, christlicher Gedanke und keine staatliche Sanktionierung stehen. Das vergnügliche Zusammenleben lässt sich nämlich nicht garantieren und die gemeinsamen Ziele und Projekte erschöpfen sich leicht in der Erfüllung. Das Kindeswohl und Unterhalt ließen sich auch unabhängig von der privaten Auflösung einer Paarbeziehung regeln.

Ich stimme Benno Gebistorf zu: Es wäre besser, wenn eine Paarbeziehung bzw. Familiengemeinschaft als selbstverständlich "kündbare Vertragsbeziehung" verstanden (geregelt) werden würde statt als teure, stigmatisierte und peinliche Scheidung. Gäbe es dies, wäre ich glatt bereit, meiner Freundin zu gestehen, dass ich kein Ende unserer gemeinsamen Zukunft sehe und an das emotionale Band glaube (Uuups, sie liest den Blog ja mit!). Falls sich dies später als Irrtum herausstellen sollte, stünde ich nicht vor aller Welt als Trottel, Lügner oder Versager da.

Mache ich es mir als Durchläufer aufeinanderfolgender Paarbeziehungen mit meiner neunmalklugen und realistischen Haltung etwa zu leicht?! Bekomme ich das komplette Herz nur geschenkt, wenn ich im romantischen Sinne alles leugne und verberge, was hinter der Kurve passieren könnte? Muss man sich blind und taub stellen und die Beziehung mit Idealen aufladen, damit genug Motivation und Bindemittel entsteht?! Welch ein Dilemma!

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