24. August 2012

Nach einer Trennung läuft alles ins Leere

Denke ich an meine früheren Liebesgeschichten, kommt der Umstand in Erinnerung, dass auch ich schon mehr als einmal für einen anderen verlassen wurde. Danach badete ich damals lange Zeit (viel zu lange) in Selbstmitleid, Wehklagen, Wut; es entstanden Anklagen, Vorwürfe, Forderungen. Meine Vorwürfe lauteten: Wie konntest Du nur unsere Liebe verraten? Du wirst den Schritt bereuen, unserere Beziehung ist einzigartig gewesen. Unser Glück hat das nicht verdient. Es ist ein Fehler!
Doch nichts davon traf ins Schwarze bzw. ist noch gültig. Ich hätte mir das Leiden sparen können.

Die Verlassende war auch nicht schuld an der unwillkommenen Trennung. Für die unberechenbare, ungeplante und flüchtige Zuneigung kann bekanntermaßen niemand verantwortlich gemacht werden. Auf die Liebe gibt es nicht nur eine Sicht. Meine Partnerin entscheidet als Liebende mit, wie wertvoll ich für sie bin, ob ich positive Gefühle bei ihr auslöse, ob sich ihre Bindung an mich "lohnt". Bei der Verneinung dieser Frage ist die Liebe am Ende und kann weder eingeklagt noch erzwungen werden. Ausnahmen bestätigen die Regel.

Gegen Freiheitsrecht und Egozentrismus des Einzelnen ist kein Argument stark genug. Liebe kann nicht verraten werden, da vor dem Eingehen der Paarbeziehung keine Zuneigung existierte. Ich habe keine Ansprüche, da  mir die andere nicht gehört. In der Konfrontation mit der Milliarden zählenden Bevölkerung ist Einzigartigkeit nur eine Momentaufnahme, die sich Umwertungen stellen muss. Meine Bedeutsamkeit ist relativ. Es gibt stets Partnerersatzmöglichkeiten und Folgechancen, was Reue nahezu ausschließt. Wenn ich out bin, gibt es keine Grundlage für Komplettberücksichtigung und Dauerbestätigung mehr, denn der Zugriff auf die Psyche und den Körper der Ex wurde annulliert, es herrschen keine überzeugenden Gemeinsamkeiten, es besteht kein geteiltes Drittes.

Eine Trennung hat ihre Ursachen. Aus Idealisierung wird manchmal Abneigung, der dann zum Kontaktabbruch führt. Vertrautheit kehrt sich um. Wenn die Motive für die Beziehung entfallen sind, ist Jammern und Kämpfen sinnlos. Verlassen worden sein bedeutet, der Nicht-mehr-Liebende brauchte keine Kommunikation, kein Verstehen, keine Nähe mehr. Die Ex ist (wieder) autark, gleichgültig, abwesend. Ich als Zurückbleibender bin auf mich gestellt, ausrangiert, abgetrieben. Wenn die Bindung gelöst wurde, haben  Erwartungen an das Fortbestehen keinen Adressaten mehr, die einseitigen Gefühle und Fragen bleiben unbeantwortet. Das, was war, ist nicht mehr relevant und wirksam. Die Bindung war provisorisch und bedingt. Die Macht über den anderen ist verpufft, die Liebeshistorie bildet kein Stützkorsett. Die Ex ist quasi gestorben. Es regiert wieder der Ist-Zustand des Allein-Seins.

Wunden muss man lecken, Abtrauern und Überwinden der Entzugserscheinungen sind geboten, aber die zitierten Vorwürfe laufen ins Leere, weil da niemand mehr ist.

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